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Antrag auf ALG I ist nicht gleichzeitig Antrag auf ALG II, BSG v. 02.04.2014 – B 4 AS 29/13 R

ALG II wird erst ab Antragstellung gewährt. Was geschieht nun aber, wenn nur ALG I beantragt und dieses später abgelehnt wird.

Das BSG hat mit Urteil vom 02.04.2014 entscheiden, dass ein Antrag auf ALG I grundsätzlich nicht gleichzeitig ein Antrag auf ALG II ist. Stellt sich nach dem Antrag auf ALG I heraus, dass dieses nicht oder nicht ausreichend gewährt wird, muss ALG II beantragt werden und wird erst ab Antragstellung gezahlt. Es besteht kein Anspruch auf rückwirkende Leistungsgewährung.

Bei dem Antrag auf ALG I handelt es sich um einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Diese ist auszulegen. Die Auslegung hat zwar nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen. Danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig von den Antragsvordrucken. Eine Berufung auf den Meistbegünstigungsgrundsatz kann aber nur angenommen werden, wenn der Antragsteller einen für den unzuständigen Leistungsträger erkennbaren Willen zum Ausdruck bringt, neben der beantragten Leistung noch weitere Sozialleistungen zu begehren. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass der Antragsteller zu erkennen gibt, ihm fehle es an hinreichenden finanziellen Mitteln, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und  sei deshalb auf weitere Sozialleistungen als die ausdrücklich beantragten angewiesen.

Keine Einstellung der Leistung beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit, Beschluss des SG Berlin vom 11.09.23014, S 147 AS 20920/14

In dem Beschluss hat das SG Berlin entschieden, dass bei einem Umzug  die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch so lange erbringen muss, bis  sie von der „neuen“ Behörde fortgesetzt werden.

Diese Leistungszuweisung ergibt sich aus § 2 Abs. 3 SGB X und stellt eine eigenständige materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage dar.

Siehe hierzu auch http://www.ra-fuesslein.de/wordpress/?p=627 mit  Link zu dem Beschluss.

Keine Jahresfrist bei Überprüfung von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden nach § 44 SGB X, BSG v. 13.02.2014 – B 4 AS 19/13 R

Nach § 44 SGB X können Bescheide zurückgenommen werden, wenn das Recht unrichtig angewandt wurde oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist.  Die Sozialleistungen können nach § 44 Abs. 4 SGB X dann für einen Zeitraum von bis zu 4 Jahren rückwirkend erbracht werden. Dies wurde im Bereich der SGB II – Leistungen durch § 40 SGB II dahingehend eingeschränkt, dass anstelle des Zeitraums von 4 Jahren ein Zeitraum von 1 Jahr tritt.

Das BSG hat nun mit Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 19/13 R entschieden, dass  eine Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X iVm § 40 Abs 1 S 2 SGB II bei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden ausscheidet.  Voraussetzung für die Anwendbarkeit der genannten Regelung ist stets, dass infolge der unrichtigen Entscheidung Sozialleistungen nicht erbracht worden sind (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 19; vgl auch schon BSGE 68, 180 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1). Der Senat folgt auch insoweit der überzeugenden Entscheidung des 11. Senats des BSG (SozR 3-1300 § 44 Nr 19), der eine Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X ausgeschlossen hat, soweit eine Erstattungsforderung des Leistungsträgers gegen einen Leistungsbezieher über eine bestimmte Geldsumme streitig ist. Danach rechtfertigt es insbesondere der Zweck der Vorschrift nicht, sie auch auf Fälle auszudehnen, in denen es nicht um rückwirkend zu erbringende Sozialleistungen geht. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift lediglich die materiell-rechtliche Begrenzung rückwirkender Leistungsansprüche prinzipiell für vier Jahre regeln (BT-Drucks 8/2034 S 34). Die analoge Übertragung der Regelung auf die Rücknahme von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden scheitert deshalb daran, dass ein dem geregelten nicht vergleichbarer Sachverhalt zu beurteilen ist. Denn die Klägerin fordert nicht die rückwirkende Gewährung von Sozialleistungen, sondern die Rückzahlung eines zu Unrecht geleisteten Erstattungsbetrages.

SGB II Regelbedarf derzeit noch verfassungsgemäß, BVerfG v. 23.07.2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvR 1691/13

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 23.07.2014 entschieden, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II noch verfassungsgemäß sind.

Es hat den Gesetzgeber allerdings verpflichtet, bei außergewöhnlichen Preissteigerungen die Berechnung schon vor der regelmäßigen Fortschreibung anzupassen. Gleiches gilt für den Mobilitätsbedarf. Für Fahrtkosten von Kindern zur Teilhabe von sozialen Leistungen (z. B. Sportverein) siehe hier. Weiter soll eine Unterdeckung bei der Anschaffung von langlebigen Gütern (z. B. Kühlschrank) dadurch verhindert werden, dass über die Zahlung einmaliger  Zuschüsse verfassungskonform entschieden wird.

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